Sauenhalter protestieren gegen Erlass des Hessischen Landwirtschaftsministeriums

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Sauenhalter protestieren gegen Erlass des Hessischen Landwirtschaftsministeriums

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Veröffentlicht von RBV in Tierhaltung · Dienstag 10 Jan 2017
Tags: KastenstandurteilSauenhaltungLandwirtschaftlicheWoche

Eröffnung der Landwirtschaftlichen Woche im Zeichen des Kastenstandurteils

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(HBV) Die gestrige Eröffnungsveranstaltung der Landwirtschaftlichen  Woche Nordhessen in Baunatal stand ganz im Zeichen von Protesten  hessischer Sauenhalter, die Hessens Landwirtschaftsministerin Priska  Hinz auf Plakaten und Transparenten verdeutlichten, dass der Erlass des  Ministeriums zum sogenannten Kastenstandurteil des OVG Magdeburg völlig  unzureichend ist und den Betrieben keine ausreichende Rechtssicherheit  bietet. Als betroffener Sauenhalter überreichte Norbert Klapp  stellvertretend für seine Berufskollegen der Ministerin ein  Positionspapier, worin angemessene Übergangsfristen für notwendige  bauliche Änderungen, klare rechtliche Vorgaben hinsichtlich der  Kastenstände im Deckzentrum angelehnt an das „dänische Modell“ sowie  bundesweit, besser europaweit, einheitliche Regelungen gefordert werden.

Das Positionspapier finden Sie hier.

„Wenn wir die regionale Produktion von Fleisch und  Fleischerzeugnissen in Hessen erhalten wollen, brauchen unsere Betriebe  verlässliche Rahmenbedingungen und Rechtssicherheit. Die Politik ist  aufgefordert, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, anstatt auf dem  Mainstream basierende Regelungen zu schaffen“, betonte der Präsident des  Hessischen Bauernverbandes, Karsten Schmal, in seiner  Begrüßungsansprache. Konkrete Maßnahmen bedürften einer  Folgenabschätzung und müssten auf ihre Praktikabilität und ihre  Landwirtschaftsverträglichkeit überprüft werden. Das gelte zum Beispiel  für die Novelle der technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA  Luft). Hierbei würden die Bestrebungen, Ammoniakemissionen zu  verringern, durch die Bemühungen um mehr Tierwohl in Form von  Außenklimaställen mit Stroheinstreu konterkariert.

Kleinere Betriebe bleiben auf der Strecke

Schmal bezeichnete die überzogene Umwelt- und  Klimaschutzpolitik von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks als  einen Frontalangriff gegen die bäuerliche Landwirtschaft und sagte:  „Wenn das so weitergeht, werden viele Betriebe, insbesondere die  kleineren, auf der Strecke bleiben. Meist werde übersehen, dass eine  emissionsfreie Erzeugung von Nahrungsmitteln nicht möglich sei.  Landwirte würden zum Beispiel für Nitratbelastungen des Grundwassers  verantwortlich gemacht und pauschal an den Pranger gestellt. Aus dem  aktuellen Nitratbericht der Bundesregierung gehe hervor, dass rund 82  Prozent der Grundwassermessstellen im Messnetz der Europäischen  Umweltagentur den Nitratschwellenwert von 50 Milligramm pro Liter  Trinkwasser einhielten. An einem Drittel der Messstellen habe die  Nitratbelastung abgenommen, die Anzahl der Messstellen mit zunehmendem  Trend falle deutlich geringer aus. Darüber hinaus werde der  Nitratgrenzwert in allen Oberflächengewässern unterschritten. „Somit  bleibt festzuhalten, dass die Bemühungen der Landwirte, sparsam und  effizient mit den eingesetzten Düngemitteln umzugehen, Früchte tragen“,  so Schmal. Sofern es landwirtschaftsbedingte  Nitratgrenzwert-Überschreitungen im Trinkwasser gebe, müsse  selbstverständlich in den jeweiligen Gebieten gegengesteuert werden.  Dort arbeiteten die Landwirte in Kooperation mit den Wasserwerken an  Lösungen und Verbesserungen. „Das Thema Tierwohl hat in unseren  Betrieben schon immer einen sehr hohen Stellenwert. In den  zurückliegenden Jahren wurde viele verbessert“, hob Schmal mit Blick auf  das von Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt vorgeschlagene staatliche  Tierschutzlabel hervor. Mehr Tierwohl könne es aber nicht zum Nulltarif  geben. Die Anstrengungen der Bauern müssten in Form von höheren  Erzeugerpreisen honoriert werden.

Einheitliche Regelungen angestrebt

Hessens Landwirtschaftsministerin Priska Hinz gab zu bedenken,  dass zu vieles verschiedene Labels die Verbraucher verwirrten. Zum  Kastenstandurteil merkte die Ministerin an, dass sie sich, trotz der  Kommunalisierung in Hessen, um ein einheitliches Vorgehen der  Kreisveterinärämter bemühen werde. Jeder Sauenhalter müsse selber  entscheiden, wie er die neuen rechtlichen Vorgaben künftig einhält. Auch  innerhalb der Bundesländer solle geklärt werden, wie eine gemeinsame  Regelung gefunden werden könne. Hinz glaubt, dass die erforderlichen  Umbaumaßnahmen in den Betrieben nach einer entsprechenden Beratung durch  den Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen und in Zusammenarbeit mit den  betroffenen Bauern in den Griff zu bekommen seien. „Ich habe kein  Interesse daran, dass die Sauenhaltung in Hessen zugrunde geht“, betonte  die Ministerin. Sie sieht für die hessische Landwirtschaft gute Chancen  im Ökolandbau und wies darauf hin, dass im vergangenen Jahr 300  Betriebe auf Ökolandbau umgestellt hätten. Insgesamt bewirtschaften nach  ihren Angaben 2.000 hessische Bauern fast 100.000 Hektar Land nach den  Vorgaben der EU-Ökoverordnung. Des Weiteren sei die Vermarktung von  regionalen hessischen Agrarerzeugnissen, zum Beispiel über die  Marketinggesellschaft „Gutes aus Hessen“, erfolgversprechend.

Frieden, Freiheit und Wohlstand

„Die politische Zukunft Europas und die Bedeutung der EU für  die Landwirtschaft in Deutschland“, so lautete das Thema der Rede des  Staatsministers für Europa im Auswärtigen Amt, Michael Roth, MdB. Er hob  hervor, dass die Europäische Union uns in den vergangenen Jahrzehnten  Frieden, Freiheit und Wohlstand beschert habe. Das sei keine  Selbstverständlichkeit in einer Welt, in der es aktuell 40 bewaffnete  Konflikte gebe, die Jahr für Jahr mehr als 170.000 Menschen das Leben  kosteten. Viele Bürgerinnen und Bürger, aber auch Politikerinnen und  Politiker, stellten das Projekt Europa ernsthaft in Frage und zweifelten  am Sinn und Wert Europas. Gerade auch in ländlichen Räumen hätten viele  Menschen angesichts von rascher Globalisierung und Digitalisierung  Angst davor, vom rasenden Fortschritt abgehängt zu werden. Andere  fürchteten, dass es ihren Kindern und Enkeln in einigen Jahren nicht  besser, sondern schlechter als heute gehen werde.

Der Europa-Staatsminister wies darauf hin, dass der bevorstehende  Austritt des Vereinigten Königreichs aufgrund der Nettozahlerposition  der Briten dazu führen werde, dass im EU-Haushalt auf einen Schlag rund  13 Milliarden Euro pro Jahr fehlen. Vor diesem Hintergrund werde es  nicht funktionieren, dass alles so bleibe wie es ist. Auch die  Gemeinsame Agrarpolitik werde davon nicht verschont bleiben. Ziel müsse  sein, eine nachhaltige regional ausgerichtete und ressourcenschonende  Landwirtschaft zu fördern. Dabei gehe es um artgerechte Tierhaltung, um  den Schutz der Böden, Gewässer und den Erhalt der Artenvielfalt. Das  bisherige Finanzierungssystem nach dem Prinzip „Förderung nach Hektar“  sei heute nicht mehr zeitgemäß und durchsetzbar. Roth plädiert  stattdessen für das Prinzip „öffentliches Geld nur für öffentliche  Aufgaben“. Dafür werde sich viel leichter gesellschaftliche Akzeptanz  finden, da so der konkrete Mehrwert der Agrarhilfen für alle Bürgerinnen  und Bürger klarer ersichtlich werde.



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